Panne auf 4000m
Nach drei Nächten in Copiapo gingen wir heute zeitig auf, um zur Laguna Santa Rosa zu fahren, die auf dem Weg zum Paso San Francisco ist. Dort wollten wir die Nacht auf knapp 4000 müM verbringen, um dann am nächsten Morgen zum Pass hinauf zu fahren, der dann nach Argentinien führt. Wieder einmal kam alles anders als geplant...
Die Fahrt von Copiapo zur Laguna war eindrücklich; wir kamen an mehreren verlassenen Minenstädtchen vorbei, die in der Zeit des "Silberrauschs" im 19. Jh. kurz aufblühten. Ueber staubige, einsame Bergsträsschen kämpften wir uns immer weiter in die Höhe, um dann auf ca. 4200m einen wunderschönen Blick auf die Lagune zu haben. Wir spürten die Auswirkungen der Höhe, dünne Luft, Schwindel, hatten aber keine Kopfschmerzen.
Als wir uns der Lagune näherten, war tatsächlich bereits ein Fahrzeug an der Lagune "parkiert" - unglaublich; wir hatten bisher kaum eine Menschenseele gesehen. Die Insassen des Fahrzeugs schienen sich über uns sehr zu freuen, denn sie winkten uns mit einem weissen T-Shirt zu. Also fuhr ich langsam an die Salzlagune heran, hielt aber einen gewissen Abstand von ca. 100m zum Rand des Wassers. Kaum hielten wir an, stiefelte bereits der Familienvater auf uns zu.
Wie bereits vermutet, hatten sie eine Panne, und zwar waren sie mit ihrem Daewoo-4x4 stecken geblieben und konnten nicht mehr weg. Der Boden um die Lagune war sehr trügerisch: Zwar wirkte der an die Lagune angrenzende Boden solid und fest, aber beim Draufstehen merkte man, wie die Füsse langsam absackten und Wasser hervordrang. Dem Daewoo war's entsprechend schlecht ergangen - alle 4 Räder waren bereits eingesunken, es sah nicht sehr gut aus.
Also Abschleppseil raus, Landy in Position gebracht und versucht, den Wagen rauszuziehen. Ausser, dass sich der Landy selber auch einzugraben begann, brachte dies nichts. Nur mit Mühe konnte ich mein Fahrzeug wieder auf sicheren Boden bringen. Danach versuchten wir, durch Unterlegen mit Steinen dem Daewoo mehr Halt zu verschaffen, was zu Beginn auch Besserung brachte. Leider gruben sich schliesslich die hinteren Räder trotzdem ganz in den Dreck ein - guter Rat war teuer. Inzwischen war ca. 1 Stunde vergangen, in der wir alle wie wild geschuftet hatten, die ungewöhnte Höhe (4000m) tat ihr Übriges, so dass wir alle ziemlich fertig waren.
Wir boten an, dass wir die Familie zum chilenischen Grenzposten mitnehmen könnten; der Vater entschied, beim Wagen zu bleiben und ich, Flavia, die beiden Kinder und ihre Mutter fuhren mit unserem Landy mit, um Hilfe zu holen. Ueber schlechte Schotterpisten kamen wir nach 1 Stunde beim Grenzposten an. Zuerst sah es aus, als sei niemand mehr vor Ort, der Posten schien verlassen. Flavia konnte aber in zwei benachbarten Baracken einen Zöllner entdecken, der wohl noch Siesta hatte ;-)
Nachdem wir ihm unsere Situation geschildert hatten, besprach er sich mit den anderen Männern, die sich inzwischen um uns versammelt hatten. Inzwischen war nach 18 Uhr, die Dunkelheit und die damit verbundene eisige Kälte liessen nicht mehr lange auf sich warten. Es hatte keine weiteren Fahrzeuge beim Grenzposten, alle Männer übernachteten vor Ort und wurden von einem Bus alle Woche vom Stützpunkt geholt bzw. hingeführt. Da es auch nicht möglich war, noch Hilfe aus dem Tal zu holen, fragten wir nach Seilen und Holzplatten, die ich aufs Dach band.
Ausserdem zwängten sich sage und schreibe fünf Zöllner und Carabineros in unseren Landy, um bei der Rettungsaktion mitzuhelfen. Drei Personen legten sich aufs Bett, und zwei hockten auf den Beifahrersitz. Flavia blieb mit der Familie beim Posten zurück und ich chauffierte die muntere Truppe wieder zur Lagune.
Gegen 19 Uhr, bei Sonnenuntergang, trafen wir endlich bei der Lagune ein. Es sah wirklich nicht gut aus: Die Hinterräder waren zur Hälfte im Dreck und Wasser, das Auto lag mit dem Boden auf. Zuerst versuchten wir mit vereinten Kräften, den Wagen hinten aus dem Loch zu hebeln - ohne Glück. Schieben brachte genauso wenig. Also musste wieder der Landy her. Wir verlängerten mein Abschleppseil mit einem mitgebrachten Tau auf ca. 18m, ich brachte den Landy wieder in Position, wobei alle Räder mit den Holzbrettern unterlegt wurden. Der Landy zog und riss, aber ausser, dass die Bretter zerbrachen, geschah nichts.
Inzwischen war's dunkel und kalt geworden, und die Stimmung sank. Ein letzter Versuch mit dem Landy sollte es zeigen. Wieder in Position gebracht, allerdings das Abschleppseil noch nicht gespannt (ca. 1m locker). Mit einem Ruck sollte der Wagen aus dem Loch gehievt werden, wobei die anderen sechs Männer von hinten anstiessen. Und tatsächlich, es klappte. Nach zwei weiteren Anläufen gelang es mir dann, den Daewoo endlich auf sicheren Boden zu ziehen.
Inzwischen war 20 Uhr vorbei, und wir fuhren wieder zum Grenzposten. Dort gab's dann Kaffee und Tee, Freude herrschte. Allerdings wurde aus unserem Plan, an der Lagune zu übernachten, nichts mehr und wir mussten wohl oder übel beim Grenzposten in der Nähe pennen. Schade...